Anselm Lenz (manchmal auch nur A.L., *1980 in Hamburg) ist ein Emil, der gerne mal einen auf Horst macht und dessen einziges Ziel es vermutlich ist, Aufmerksamkeit zu erhaschen. Sein meist beachtetes Werk ist die Zirkumvention, mit der er seit Frühjahr 2020 in regelmäßigen Abständen den Platz bespielt. Davor hat er sich mal mehr oder weniger erfolgreich sein Geld als Dramaturg am Theater verdingt und laut Eigenaussage für linke Tageszeitungen geschrieben. Seine eigentliche Erfüllung fand er jedoch als Begründer verschiedener Performance-Kollektive.
Leben und Werk
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Bevor es ihn nach Berlin verschlug, studierte Lenz in seiner hanseatischen Heimat mehrere Studiengänge, die sich bestens zum Palavern eignen (Kulturwissenschaft, Kunstgeschichte, Rechtstheorie). Um seine CV interessanter zu machen, arbeitete er währenddessen in der Metallverarbeitung (vermutlich als Eintüter von Mängelartikeln aus dem Bijou Brigitte-Sortiment) und war Marinesoldat.
Das alles prädestinierte ihn bestens dafür, eine steile Karriere als Ja-Sager vom Dienst Dramaturg am Stadttheater hinzulegen. Nachdem es dabei (Stationen u.a. Schauspielhaus Hamburg) wie Geschnitten Brot für ihn lief, wurde er dem Erfolg nicht überdrüßig, sondern stellte fest, dass Dramaturgen eben immer nur der Hanswurst sowie der Ja Sager vom Dienst sind. Vermutlich entstand daraus sein Kollektiv Haus Bartleby, das nach einem Roman von Melville benannt wurde (was im Kulturestablishment immer gut ankommt) und dessen einziger Anspruch es war, Karriere mit dem Programm Karriereverweigerung unter dem hippen Namen Kapitalismustribunal zum machen. Dafür fanden sich einige Mitstreiter, die allerdings genauso wie Lenz eben recht deutsch und privilegiert waren. Dadurch er sich motiviert sah, die Figur Batseba N’Diaye ins Leben zu rufen, welche im Ungefähren die linguistische Entsprechung des deutschen Lieschen Müllers war aber eben den Eindruck erwecken sollte, gänzlich un-deutsch zu sein.[1]
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Es ist unklar, wann genau Lenz das erste Mal am Platz war. Jedenfalls dürfte ihn eine gewisse Verbindung zum Castorfschen Hofstaat häufige in die Katakomben der Volksbühne gebracht haben. Als Stinkstiefel schrieb er für die Junge Welt mit Sitz im Roten Stiefel als Kriegsberichterstatter (bzw. Nachtreter) in dem Krieg gegen das Empire of Dercon.[2][3] Während der in Ein Haufen Schei*e beschriebenen Volksbühnen-Besetzung war Lenz nur als Brandstifer (im wörtlichen Sinne!) involviert, wohlwissend, dass seine Zeit im Rampenlicht erst noch kommen sollte. Ob er sich als Volksbühnen-Boss beworben hat, ist nicht dokumentiert. Jedenfalls dürfte es ihn nicht gefreut haben, dass es letztendlich jemand anderes wurde, wurde ihm doch von einer Stimme, die so ähnlich klang wie er selbst, prophezeit, dass er einmal über den Platz herrschen würde[4]. Diese Vorsehung erfüllte sich im Frühjahr 2020, als sich Lenz mit der Zirkumvention am Ziel seines künstlerischen Schaffens gesehen haben dürfte: Nachdem er über Jahre hinweg sein Gesicht immer gerne in jede Kamera gehalten hatte, ohne danach gefragt worden zu sein, nahmen nun die Interview Anfragen zu. Eine in dem Rahmen erschienene Wurfzeitung usurpierte (übrigens ein Lieblingswort Lenzens) die Volksbühne als Herausgeber, der das jedoch nicht gefiel.
Er wurde zum Shooting Star der ersten Jahreshälfte von 2020 (einem unvergleichlichen Jahrgang) und ging mit seinem Programm (in dem er versuchte, für Klaus Kinski gehalten zu werden) auf bundesdeutsche Tour u.a. nach Stuttgart. Durch die kontroverse Rezeption der Zirkumvention fühlte sich Lenz berufen, im Rahmen einer Veranstaltung im Mai auf Kuschelkurs mit den SchuPos zu gehen und warf ihnen einen Haufen seines Käseblatts zu (immerhin war es ja eine Wurfzeitung). Darauf hin ließ er sich publikumswirksam und sehr zur Freude von Anhängern des Slapsticks verhaften.[5][6] Nun sah er sich endgültig in einer Reihe mit Luxemburg, Liebknecht, Baader, Ensslin, Snowden und wie sie alle heißen, wurde jedoch in der Lügenpresse allgemeinen Wahrnehmung mehr und mehr für einen echten Horst gehalten.[7]
Davon unbeirrt feierte er sich im Sommer der Demokratie und ließ auch im Winter 2020 nichts unversucht, sich Gedächtnis der Anwohnerschaft zu halten. Auch wenn die inzwischen andere Sorgen hatten, mussten sie als Publikum für eine weitere Festnahme am 19.12.2020 vor dem Poelzig-Block 14 herhalten. Schließlich joggte der im Wedding wohnhafte Lenz doch täglich bis zum Platz, zumindest das Kostüm stimmte schon mal.[8] Es ist anzunehmen, dass dies tatsächliche eine selbstlose Tat war, um dem mit Unterhaltung verwöhnten Publikum nach anhaltendem Kino-und Theaterentzug mit dieser Liveperformance ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk zu machen.
Womöglich markierte dies ein Wendepunkt im Schaffen Anselm Lenz'. Möglicherweise aber nicht, jedenfalls war er sich selbst zu diesem Zeitpunkt sicher, dass seine Lebensgeschichte nach den 15 Minutes of Fame noch nicht zu Ende erzählt war. Andere dürften das anders sehen.
Verarbeitung in Kunst und Literatur
Er war nicht die Inspiration für das Schicksal einer Episode des ∇-Podcasts:
Links
Referenzen
- ↑ Das perfekte Alibi: Die Taz über ihren angeblichen Mitarbeiter
- ↑ "Bullshit Bingo" - Anselm Lenz über der Ausrufung des Empire of Dercon in: Junge Welt vom 18.05.2017
- ↑ "Aus den Angeln gehoben": Ein Nachruf von Anselm Lenz auf das Empire of Dercon
- ↑ Das behaupten wir, also stimmt es.
- ↑ Videolink: Anselm Lenz als Stinkstiefel
- ↑ Eine Dokumentation der Ereignisse von unseren tschechischen Nachbarn
- ↑ Oder soll man es lassen? Ja. - Ein Kommentar auf ein Interview mit der Diva Lenz
- ↑ Ein weiterer Comedy-Auftritt dokumentiert auf TanteTube