„Was wir wollen? Na, alles! Einen Riesenkatalog.“[1]
Der Frauenkongress in der Volksbühne fand am 3. Dezember 1989 als eines „der größten Frauentreffen in der Geschichte Berlins“ statt[2]. Über 1200 Frauen, überwiegend, aber nicht nur aus Kunst und Kultur, waren dem Aufruf „Wer sich nicht wehrt, kommt an den Herd!“ gefolgt, der für diesen Tag zum „Frauenspektakel” in die Volksbühne einlud. Hatten die Organisatorinnen zuvor noch Angst gehabt, dass die Volksbühne viel zu groß sein könnte, war bald jeder Platz belegt, sodass einige Frauen auf der Bühne sitzen mussten.[3] Die meisten von ihnen trieb die Angst an, dass Frauen zuerst und am stärksten unter den Folgen des Mauerfalls zu leiden hätten. Deswegen wollten sie eine eigene Interessenvertretung für Frauen schaffen, die unabhängig von den bisherigen, stark vom Staat vereinnahmten Strukturen war. Sie forderten politische Mitsprache, Möglichkeiten der Kinderbetreuung, Quotierung in wichtigen gesellschaftlichen Bereichen und das Recht auf Schwangerschaftsabbruch. „Wir wollen nicht länger die bescheidenen und arbeitsamen, unterbezahlten und für dumm verkauften Helferinnen und Mitarbeiterinnen sein, denen man jährlich zum 8. März ein mageres Dankeschön sagt,“ heißt es in dem von Ina Merkel verfassten Manifest[4].
Aus dem Treffen in der Volksbühne ging im Februar 1990 dann der Unabhängige Frauenverband (UFV) hervor. Doch auch wenn sich an den Forderungen der feministischen Bewegung seitdem kaum etwas geändert hat, ging der UFV nach seinem rasanten Aufstieg bald in der Bedeutungslosigkeit unter: 1990 trat er auf einer gemeinsamen Liste mit der Grünen Partei der DDR zu den Volkskammerwahlen an. Dabei wurden die Frauen jedoch von den Grünen über den Tisch gezogen, sodass sie am Ende ohne Mandat dastanden. In den kommenden Jahren verlor der UFV immer mehr an Einfluss. Heute weiß kaum jemand, dass dieses Treffen überhaupt stattgefunden hat.[5]
Referenzen
- ↑ Lisa Coch in Die Zeit, 16. 2. 1990, Archiv der Robert-Havemann-Gesellschaft
- ↑ A. Gröschner: Kolumne Geschichtsmaschinistin
- ↑ Archiv der Robert-Havemann-Gesellschaft
- ↑ I. Merkel: Ohne Frauen ist kein Staat zumachen
- ↑ Archiv der Robert-Havemann-Gesellschaft
Volksbühne | |
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Bosse | Emil Lessing • Max Reinhardt • Friedrich Kayssler • Fritz Holl • Heinrich Neft • Karl Heinz Martin • Heinz Hilpert • Bernhard zu Solms-Laubach • Eugen Klöpfer • Fritz Wisten • Wolfgang Heinz • Maxim Vallentin • Karl Holàn • Benno Besson • Fritz Rödel • Annegret Hahn, Marion van de Kamp & Winfried Wagner • Annegret Hahn (2.) • Frank Castorf • Chris Dercon • Klaus Dörr • Gabriele Gornowiz & Sabine Zielke • René Pollesch |
Nicht-Bosse | Oskar Kaufmann • Erwin Piscator • Joachim Gottschalk • Ursula Karusseit • Bert Neumann • Kathrin Angerer • Sophie Rois • Milan Peschel • Christoph Marthaler • Matthias Lilienthal • Carl Hegemann • AnniKa von Trier |
Anhängsel | Grüner Salon • Roter Salon • Pavillon • Räuberrad • P14 |
Episoden | Bau der Volksbühne • Volksbühnen Streit • Frauenkongress • Volksbühnen-Spektakel • Ein Haufen Schei*e |
denkwürdige Ereignisse im ∇ geeignet zum Nachlesen und Nacherzählen |
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1906–08: Abriss (Staffel 1) |